Die Spargeltheorie
Wir alle kennen verschiedene Theorien, dessen Namen mehr oder weniger mit der Rechtsprechung verknüpft sind. Mir fallen dabei Verschiebetheorie und Sonderopfertheorie ein. Wahrscheinlich wird man noch mehr Theorien kennen, aber diese sind nicht immer präsent oder haben „-theorie“ nicht in dem Namen.
Wenn man Entscheidungen trifft, so kann man diese aus dem Bauch heraus treffen oder analytisch. Beide Arten der Entscheidung haben ihre Berechtigung. Man sollte aber dazu stehen, wie man die Entscheidung getroffen hat und beide Arten nicht vermischen oder gar versuchen mit einer analytischen Berechnung nachzulegen. In der Politik mag man da regelmäßig nicht ganz sauber arbeiten. In der Lausitz werden Bergbauseen verbunden. Hier stand wahrscheinlich auch zunächst die Entscheidung dies machen zu wollen und anschließend wurde dann mit Analysen nachgelegt. Dass die tatsächlichen Kosten um ein Vielfaches höher sind, als in den Analysen, kann dann nicht wirklich überraschen. Ich selbst erinnere mich an eine eigene Entscheidung über einen Druckerkauf. Meine Frau meinte nimm diesen und damit war ihre Entscheidung getroffen. Es wird sich um emotionale Intelligenz gehandelt haben. Ich fand den Drucker auch gut, wollte aber beweisen, dass eine analytische Entscheidung besser ist. Zunächst habe ich so eine einfache Formel für die Verbrauchskosten aufgestellt und dann noch einen weichen Faktor zur Berücksichtigung des Testergebnisses eines bekannten Warentestes eingefügt. Gekauft habe ich den Drucker mit dem nach analytischer Entscheidungsfindung besten Preis-/Leistungsverhältnis. Dieser war auch gleichzeitig der Testsieger des bekannten Warentestes. Um es vorweg zu nehmen, der Drucker war Murks. Ich hätte auf meine Frau hören sollen.
Dies als Vorgeschichte zu der Spargeltheorie. Irgendwann war Spargelzeit. Meine Frau bevorzugt als einzige in der Familie Spargel in Stangenform. Der Rest der Familie bevorzugt Spargel in Suppenform. Bei dem Spargelkauf sind diese Vorlieben hinreichend zu würdigen. Während ich noch überlegte wie man den Kauf optimiert, hatte meine Frau längst den besten Spargel zu dem günstigsten Preis gekauft.
Bei der Auswertung von Kaufpreisen des Grund und Bodens kommen wir Fachleute manchmal zu ganz interessanten Formeln und bei der Bewertung zu noch interessanteren Formeln. Mir fällt da die Regressionsformel nach Jankowski, Ruzyzka-Schwob (Modell Niedersachs.) der Form E-15 = 1,1593 – 0,4140 * (A)-0,15 – 0,1192 * (Mi * MA)0,30 ein. Ich bin ehrlich und gebe zu, diese Formel nicht erklären zu können. Und genauso wie ich mir bei reiflicher Überlegung nicht vorstellen kann, dass es bei dem Spargelkauf einer entsprechenden Rechnung bedarf, kann ich mir nicht vorstellen, dass ein relevante Anzahl der Teilnehmer eines einfachen Grundstückmarktes, vor fachlicher Beratung, irgendwelche auch nur im Ansatz komplizierten Analyserechnungen zu Papier bringt. Man wird vielmehr überlegen was brauche ich unbedingt, was bekomme ich noch zusätzlich und was kann ich mit dem machen was ich zusätzlich bekomme.
Die Spargeltheorie kurz und knapp in Grafikform.
Bei dem Spargelkauf kommt es zunächst auf den Spargel überhaupt an. Ich setze eine gleich gute Qualität voraus. Aus dem Spargel werden verschiedene Spargelgerichte zubereitet. Während der im ganzen auf dem Teller zu platzierende Spargel nicht nur hinsichtlich der Qualität gewisse Voraussetzungen benötigt, sondern auch hinsichtlich Zuschnitt und Größe, sind für den zu verflüssigenden Spargel entsprechende Anforderungen entbehrlich.
Bei dem Grundstückskauf kommt es zunächst auf den Grund und Boden überhaupt an. Ich setze eine gleich gute Lage voraus. Der Grund und Boden wird verschieden genutzt. Während der für die Errichtung des Heimes erforderliche Grund und Boden nicht nur hinsichtlich der Lage gewisse Voraussetzungen benötigt, sondern auch hinsichtlich der öffentlich-rechtlichen Gegebenheiten, sind für den restlichen Grund und Boden entsprechende Anforderungen entbehrlich.
Betrachtet man nun ein 20m breites und 60m tief geschnittenes Grundstück, welches für einen Preis in Höhe von 20.000€ verkauft wurde, so kann man nach der Spargeltheorie auf folgende Aufteilung des Kaufpreises schließen.
Dies ist eine eineindeutige Abbildung des Kaufpreises. Eineindeutig, da sowohl die Auswertung des Kaufpreises zu genau einem Ergebnis führt und auch die Bewertung ausgehend von dem vollen Bodenpreis zu genau einem Ergebnis führt.
Die Theorie ist ja manchmal schön und gut. Wenn diese denn auch funktionieren würde. Dazu bedarf es einer Fehlerüberprüfung und je nach dem Ergebnis der Fehlerüberprüfung wird man an einer Theorie festhalten oder diese verwerfen und gegebenenfalls die Problemstellung neu definieren. Hier kann ich nur mit einem natürlich nicht repräsentativen Beispiel dienen.
Zunächst sind ausgehend von den Kaufpreisen die Bodenpreise nach der einheitlichen Berechnungsvorschrift zu bestimmen und anschließend ist deren Mittelwert zu bilden.
Soweit so gut. Aber ausgehend von der Problemstellung wurde eine Theorie formuliert. Die Theorie ist nicht nur anzuwenden, sondern auch zu prüfen. Die Prüfung erfolgt in Form einer Umkehrrechnung.
Im Ergebnis ist festzustellen, dass zumindest in diesem Beispielfall die Theorie zu einem ausgezeichneten Ergebnis führt. Dem, der sich über die „DM“ Bezeichnungen wundert, sei berichtet, dass ich schon längere Zeit verheiratet bin und der Spargelkauf eine entsprechend lange Zeit zurück liegt.
Es ist ja nicht auszuschließen, dass eine andere Theorie zu einem noch besseren Ergebnis führt, also die Abweichungen der Umkehrrechnung noch geringerer sein werden. Der Computer wird vielfach eine Gleichung finden bei der die Umkehrrechnung zu überhaupt keiner Abweichung führt. Auch bei den 4 Kauffällen liefert der Computer so ein Ergebnis. Ein Ergebnis zu dessen Nachvollziehung ich überhaupt nicht in der Lage bin.
Ich will jetzt gar nicht mehr viele Überlegungen hinterherschicken und den mehr oder weniger plausiblen Beweis versuchen, dass andere Auswertungen nicht besser sein können. Ich will einfach die emotionale Intelligenz meiner Frau hinsichtlich Ihrer Einschätzung zu meinem am Anfang geschilderten Druckerkauf bemühen. Das Ergebnis eines Testes kann nicht besser sein, als der Test selbst. Man kann Birnen und Äpfel natürlich nach ihren Eigenschaften vergleichen, aber nicht mit dem Ergebnis Birne bzw. Apfel ist besser als Apfel bzw. Birne.
Oder die analytische Auswertung von Kaufpreisen kann, selbst bei noch so großer Sorgfalt, nicht zu weniger Ungenauigkeit führen, als sie die Marktteilnehmer selbst bei ihren Entscheidungen tolerieren.
Calau, den 30.12.2013